wandeln, 2016
Die Künstlerin Cornelia Rößler bewegt sich wandelnd zwischen den Schichten ihrer Themen. Dabei wendet sie ihren Stoff, lenkt die Aufmerksamkeit von der umhüllenden Haut auf das schützende Gewand, vom Gewand wiederum auf die wehrhafte Haut der Behausung.
In ihren Arbeiten wandelt sie das Wesen einer Sache. Es erscheinen in den von ihr erzeugten Deutungsverschiebungen Brüche im gewohnten Wahrnehmungsrealismus. Dadurch manifestiert sich das Wesentliche der Idee im Kunstwerk. (Gottfried Hafemann)
Dazwischen, 2014
Menschen und Räume – sie alle besitzen einen Körper und insbesondere eine Haut als Ort der Erinnerung von Funktionen, Erfahrungen, Emotionen, Manipulationen, Verdrängungen etc. Verwandt mit dem Begriff der „Haut“ ist das „Haus“, das eigentlich „das Bergende“, „das Bedeckende“ bedeutet und schon früh als Bild für den Leib als „Wohnung“ der Seele verwendet worden ist.
Der Geiger, 2012
Video, 6 min im loop
Autor & Regie: Cornelia Rößler; Kamera: Sascha Bremus; Musik: Dieter Rößler
Das internationale Projekt TRANSFORMATIONEN arbeitet gemeinsam mit KünstlerInnen der Großregion an ungewöhnlichen, verborgenen Orten. Die erste Station ist das ehemalige Militärgelände b-05 in Montabaur.
Die ehemaligen Bunker und Versorgungsgebäude auf dem Gelände stehen schon lange leer, doch ihre Geschichte tragen sie immer noch in sich. Unsere Geschichte. Der Bunker als feste Hülle diente als Schutz gegen Angriffe. Diese Hülle des Bunkers ist, wie die Hülle des Menschen, die menschliche Haut.
pots of india, 2012
Tonkrüge mit LED-Leuchtmittel, Fotografie auf Opalfolie, 20 x 30 cm und 30 x 33 cm
sandarbh - artist in residence, Partapur India
Während meines Aufenthalts an einem internationalen Artist in Residence in Indien, Partapur, lernte ich die Menschen und deren Kultur intensiv kennen. Anschließend setzte ich meine gewonnenen Eindrücke in meine künstlerische Arbeit um.
Die Reise, 2012
Fotografieinstallation in der Stephanskirche in Ebertsheim
Anstelle der beiden Kronleuchter in der Kirche hingen an der Decke fünf alte Koffer mit integrierten Leuchtkasten, die Fotografien von der Nahaufnahme menschlicher Haut zeigten.
Spurensuche, 2012
Fotografieinstallation in der Martinskirche in Quirnheim
Zu sehen waren in der Kirche in Quirnheim Fotografien, die auf den Rückenlehnen der Kirchenbänke befestigt wurden.
Sie zeigten Fotografien von leer stehenden Räumen und deren Wände, Tapeten, Vorhänge, Lampen, Holzböden. Diese Räume zeigen die Spuren des Lebens von älteren Menschen auf, die bis zu Ihrem Tod dort gewohnt haben. Anschließend wurden die Räume leer geräumt und es blieb nur noch die Hülle, die dritte Haut des Menschen übrig.
Vor allem darfs du nicht ängstlich sein
Ein Ausstellungsprojekt mit der Galerie UP ART, Neustadt a. d. Weinstraße
Ein viertel Jahr verbrachte Cornelia Rößler in einem Alten- und Pflegeheim. Sie lernte dort Leben und Geschichten der Bewohnerinnen und Bewohnern kennen und besuchte einzelne alte Menschen in Heimen und zu Hause. Die alte Villa, in der die Ausstellung stattfand, erzählt ebenfalls eine Geschichte. Bewusst bezieht Cornelia Rößler die Wohn- und Gebrauchsspuren der Wände in den Räumen auf die jeweiligen Installationen. Beides, Raum und Installation, bildet eine Einheit.
FreiZeit, 2009
Videoinstallation, 5 min im loop
Beim Betreten der alten Villa erkannte man am Ende eines langen Ganges eine Videoprojektion, deren sich karussellartig drehenden Bilder über das Format der Wand hinausgehen. Der Betrachter verfolgt eine Kamerafahrt durch die Gänge eines Altenheims, die alternierend von Fotografien von Senioren und Seniorinnen unterbrochen wird und die zu der teilweise verschwommen Kamerafahrt in scharfem Kontrast stehen.
Um in den nächsten Ausstellungsraum zu gelangen, musste der Betrachter durch die Projektion hindurchgehen und wurde so Teil der Installation.
Tischzeit,2006
Im ersten Raum, welcher Spuren einer ehemaligen Küche aufweist, steht ein alter, stark von Gebrauchsspuren gezeichneter Küchentisch. Anstelle der Tischplatte erkennt man eine vergrößerte Fotografie menschlicher Haut. Die von Altersflecken gezeichnete menschliche Haut und die Maserung des Holzes gehen organisch ineinander über. Aus der halb geöffneten Schublade des Tisches leuchtet dem Betrachter ein Ultraschallbild eines Embryos entgegen.
Gegenüber des Tisches und oberhalb einer alten Fliesenreihe zeigt ein Video scharfe Nahaufnahmen von Hautausschnitten. Jeder Hautausschnitt ist einer Bewohnerin des Altenheims zugeordnet. Die Identität der Hautausschnitte ist durch auf die Haut projizierte Sentenzen, welche die Träger der Haut in Interviews geäußert haben, gekennzeichnet. Durch die Überblendungen der verschiedenen Hautausschnitte entsteht ein Kreislauf einer sich fortwährend entindividualisierenden Individualisierung.
Hautnah, 2005
In dem abgedunkelten zweiten Raum befindet sich ein Bett, das bereits seit Generationen im Besitz der Familie der Künstlerin ist. An Stelle der Matratze befindet sich jedoch ein hölzerner Leuchtkasten, überzogen mit einer Nahaufnahme der Haut der Künstlerin.
Man muss das Leben eben nehmen, wie das Leben eben ist, 2009
Video, 23 min im loop
Im dritten Raum zeigt Cornelia Rößler zwei Videoprojektionen, in denen im Wechsel Seniorinnen und Senioren über ihr Leben erzählen. Die Themen reichen von Geburt, Kindheit, Jugend, Partnerschaft und Kindern bis zu einem Fazit ihres Lebens. Manche sprechen bewegt und engagiert, während Andere eher nachdenklich und humorvoll oder aber auch verbittert oder enttäuscht ihr Leben bilanzieren.
Diese Erzählungen zeigen verblüffende Entsprechungen zur Haut der Personen. Auf der Haut spiegelt sich ihr Leben. Aus dem, was sich auf ihr abzeichnet, was sie auszeichnet und wie sie gezeichnet ist, klingt ihre Lebensmelodie.
nichtsdestotrotz, 2009
In der Fotografie-Installation nichtsdestotrotz greift Cornelia Rößler die Architektur des Raumes auf. Sie wiederholt die Formen der Backsteine durch das Format der Fotografien. Die Wand, die als Hülle des Raumes verstanden werden kann, wird mit der Hülle des Menschen, der Haut, in eine nahezu symbiotische Beziehung gesetzt. Der Raum war früher eine Schmiede gewesen und wird heute als Ausstellungsraum genutzt. Die freigelegten Backsteine in dem Raum zeigen Spuren des zweiten Weltkrieges. In dieser Zeit wurde die alte Schmiede kurzzeitig auch als Gefangenenlager genutzt. An einem Backstein hat sich ein polnischer Gefangener im Jahre 1943 verewigt.
So wie sich die Geschichte dieses Raumes an den alten Steinen ablesen lässt, lassen sich auch Geschichten an der menschlichen Haut ablesen. An der menschlichen Haut interessiert Cornelia Rößler besonders ihre Vielfältigkeit. Haut dient einerseits als Hülle und Schutz für den Menschen, andererseits ist sie aber auch so sensibel, dass sich jeder Einfluß aus der Umgebung des Menschen auf ihr widerspiegelt. Die Vergänglichkeit, die sich auf der Haut eingeschrieben hat, macht die Haut verletzlicher und auch durchlässiger.
Die Mauer zeigt Haut von Menschen unterschiedlicher Generationen und Geschlechter wie wir sie tagtäglich sehen. Sie ist nicht geschönt oder erotisch, sondern wirkt eher wie wissenschaftliche Abbildungen von Haut.
Erinnerung, 2006/2010
In der Arbeit Erinnerung spiegelt sich für die Künstlerin auch der menschliche Körper als ein Produkt innerer und äußerer Einflüsse wieder. Eine Fotografieinstallation, die sich mit der wissenschaftlichen Sicht auf menschliche Synapsen beschäftigt.
Durch die Synapsen werden Gedanken und Erinnerungen der Menschen im Nervensystem übertragen. Ein neugeborenes Kind hat noch sehr wenige Synapsen. Doch schon während der ersten Monate vermehren sich diese durch das schnelle Lernen des Säuglings. Auch die Struktur und die Form der Synapsen verändert sich stetig. Die Künstlerin hat wissenschaftliche Zeichnungen von Synapsen am Computer bearbeitet und in kleine, leuchtende, schwarze Kästen gesetzt. Die Stromkabel der Synapsen hängen bis auf den Boden und verbinden sich dort mit den anderen Leuchtkästen zu einem unordentlichen Kabelwust.